Zum Inhalte springen

Die Zertifizierung der Gütesiegel

Wie werden Gütesiegel vergeben und wer setzt welche Prioritäten

Gütesiegel sollen eine Aussage über die möglichst hohe Qualität und idealerweise eingehaltene Sicherheitsanforderungen bei Lebensmitteln machen und werden von verschiedenen Organisationen, Regierungsbehörden und privaten Unternehmen vergeben. Sie sollten eigentlich Verbrauchern eine Orientierungshilfe geben und sicherstellen, dass bestimmte Standards eingehalten werden. Die Vergabe von Gütesiegeln für Lebensmittel basiert auf der Erfüllung bestimmter Kriterien, die je nach Gütesiegel unterschiedlich sein können. So weit, so gut. Bis hierhin ist zwar alles noch richtig, jedoch graue Theorie. Ozeanliebe hat sich für dich durch unzählige Reportagen, Berichte und Dokumentationen gekämpft und kann bestätigen, was du vermutlich längst ahnst. Es hat sich ja nun schon seit einer ganzen Weile herumgesprochen, dass man sich auf die meisten Siegel nicht verlassen kann. Warum? Viele Begriffe sind nicht geschützt und dürfen wahllos verwendet werden. "Bio" kann lediglich bedeuten, dass das Produkt selbst zwar gewissen Standards entspricht, jedoch durch den Transport einen katastrophalen Fußabdruck hinterlässt.

Marine Stewardship Council

Das MSC-Siegel (Wildfisch)

Marine Stewardship Council (MSC) ist eine unabhängige und gemeinnützige Organisation, die sich der Förderung nachhaltiger Fischereipraktiken und der Erhaltung der Meeresumwelt widmet. Zumindest hat sich das diese Organisation auf die Fahnen geschrieben. Zu Beginn der Einführung des Siegels wurde es auch noch als vertrauenswürdig eingestuft. Jedoch gab es nach einiger Zeit Zweifel an dem Zertifizierungssystem. Es würden vielmehr Industrie- und Wirtschaftsinteressen priorisiert. Einige der untersuchten Fanggebiete wurden überfischt, obwohl genau das zertifizierte Fischereien nicht tun dürfen. Häufig wird die Grundschleppnetzfischerei als Fangmethode eingesetzt, was derzeit die zerstörerischste Fangmethode ist. Hinzu kommt, dass es leider nach wie vor deutlich zu viel Beifang gibt und Shark-Finning noch nicht gänzlich untersagt ist. Hierbei werden Haien die Flossen abgetrennt und sie werden noch lebend wieder zurück ins Wasser geworfen. Sie sinken zu Boden und sterben qualvoll.

Aquaculture Stewardship Council

Das ASC-Siegel (Zuchtfisch)

Das ASC-Zertifizierungsprogramm bezieht sich auf Fisch und Meeresfrüchte aus Aquakulturen. Es wird von "nachhaltigen" Aquakulturen gesprochen, jedoch kritisieren dies Verbraucherzentralen und Umweltschutzorganisationen, da es eine nachhaltige Aquakultur nicht geben kann. Nachhaltig bedeutet, es wächst von selbst mindestens so viel nach, wie zuvor gefischt wurde. Das ist jedoch nicht der Fall. Für ein Kilo Zuchtlachs werden fünf Kilo Wildfisch gebraucht um den Zuchtlachs zu ernähren. In Chile werden Chemikalien und Antibiotika verwendet und es gibt noch einiges mehr an Kritikpunkten am ASC-Siegel. Ebenso wie das MSC-Siegel wird das ASC-Siegel von einigen Stellen als "Okay, aber verbesserungsfähig" eingestuft. Darunter vom NABU-Siegelcheck. Das verwirrt natürlich den Verbraucher und ist leider wenig hilfreich. Was sollen wir davon halten, wenn z.B. der Naturschutzbund und Greenpeace unterschiedliche Angaben machen? Laut Greenpeace gibt es derzeit kein vertrauenswürdiges Gütezeichen, weder im Wildfisch- noch im Aquakulturbereich.

Naturland

Verband für ökologischen Landbau

Verbraucherzentralen und Umweltschutzorganisationen machen wie gesagt zum Teil unterschiedliche Angaben zum Thema Gütesiegel. Was allerdings auffällt: Naturland ist immer auf Platz 1 und gilt derzeit als die vertrauenswürdigste Zertifizierung. Sogar der Wikipedia Eintrag hat keinen Kritik-Unterpunkt. Die Vorgaben des Naturland Verbands sind strenger als die des EU Bio-Logos und haben deutlich höhere Standards. Das Siegel für Wildfisch ist laut NABU nicht ganz so toll: Es wird kritisiert, dass Fischereien mit Stellnetzen in Meeresschutzgebieten zertifiziert wurden. Dort besteht die Gefahr, dass Seevögel und Schweinswale mitgefangen werden. Dafür verlangt das Siegel Naturland Wildfisch neben dem Verzicht auf umweltschädigende Fangmethoden, Gentechnik und künstliche Zusätze auch Sozialrichtlinien für Fischer und Angestellte. Der Einsatz von Hormonen ist verboten und die Fische haben in naturnahen Anlagen viel Platz.

Europäisches Bio-Siegel

Das Standard-Siegel

Das Europäische Bio-Siegel steht für Lebensmittel, die aus ökologischer Landwirtschaft stammen und die bestimmte EU-weit einheitliche Standards erfüllen. Das Siegel garantiert, dass die Produkte ohne den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, Kunstdüngern oder gentechnisch veränderten Organismen produziert werden. Tiere müssen artgerecht gehalten werden und es darf kein Antibiotika eingesetzt werden. Die Inhaltsstoffe müssen zu 95% aus ökologischen Anbau sein. Allerdings bedeutet Bio nicht unbedingt auch regional. Das heißt, Äpfel können aus Chile kommen und trotzdem Bio sein. Das wäre in diesem Fall natürlich unsinnig. Vorteil generell: Die Produkte kommen ohne Chemie und Gentechnik aus - Nachteil: Durch den Transport wird teilweise völlig unnütz CO2 verursacht. Man muss also selbst mitdenken und entscheiden. Zum Beispiel darauf achten, dass Produkte regional sind.

Augen auf beim Fischkauf

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher glauben, sobald irgendwo ein Siegel auf der Verpackung zu sehen ist, wird schon alles in Ordnung sein. Diese Orientierung ist leider eine Täuschung. Das blaue MSC-Siegel sollte für einen nachhaltigen Fischfang stehen. Das war auch tatsächlich mal der Fall. Es ist sogar immer noch das erfolgreichste Öko-Siegel der Welt. Leider steckt dahinter - wie so oft - Geld. Wirtschaftliche Interessen führen dazu, dass das Vertrauen "eingekauft" wird.

Fazit

Worauf muss ich achten?

Diese Liste mit Gütesiegeln wird regelmäßig erweitert. Es folgen Friend of the Sea und weitere. Zusammenfassend kann man aber schon sagen: Auf Gütesiegel kann man sich in den meisten Fällen leider nicht verlassen. Es gibt etliche seriös wirkende Berichte aus angesehenen Magazinen, deren Aussage ist, die Vorgehensweise der Organisationen für Gütesiegel sei ja schon mal ein guter Anfang. In der Realität spielen sich jedoch auf den Weltmeeren täglich Katastrophen ab und wirtschaftliche Interessen stehen im Vordergrund. Es wird viel zu wenig kontrolliert, das MSC-Siegel wird zu früh vergeben, ohne dass die Fischereien vollständig geprüft wurden. Besonders MSC kann entgegen ihrer Marketing-Versprechen keine Nachhaltigkeit garantieren. Es braucht dringend eine Reform und Weiterentwicklung des MSC-Systems und vielen anderen.

Was können wir als Verbraucher derweil tun? Nach den ganzen Recherchen komme ich persönlich zu dem Entschluss, Fisch aus dem Supermarkt überhaupt nicht mehr zu kaufen oder zu konsumieren. Das ist natürlich jedem selbst überlassen. Die Fischratgeber App wäre ziemlich cool, ist aber nicht ausreichend. Denn manchmal ist Fanggebiet und/oder -methode nicht eindeutig auf der Speisefisch-Verpackung angegeben. Da nutzt diese tolle App auch nichts mehr. Zu empfehlen ist, mal einen regionalen Fisch zu probieren. In deiner Stadt gibt es sicher tolle Fischmärkte mit frisch gefangenen Leckereien. Ich habe in München mit Fisch Witte am Vikualienmarkt begonnen und bin begeistert! Hier gibt es nur allerbeste Qualität.

Lass dich beim Einkauf beraten und frage nach. Kleinere Fischmärkte verkaufen in der Regel kein Sea Food aus Massentierhaltung, sondern beziehen es von kleinen Fischereien, mit denen sie auch persönlich in Kontakt stehen. Interessant ist, was kleine Fischer für eine Meinung zu den "großen" Siegeln haben: sie wollen sie nicht.

Fortsetzung folgt!